Was die Pubertät mit den Kindern macht – Ein Brief an die Eltern von Dipl.-Psych. Klaus Rempe
Pubertät bezeichnet die Entwicklungsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. Jedoch wie sollen Eltern mit dieser Phase am besten umgehen?
Wenn das Gehirn in der Pubertät ist…!
Dipl.-Psych. Klaus Rempe erklärt in einem Brief an alle Eltern mit pubertierenden Kindern, was genau in den einzelnen Individuen vorgeht und wie man sie besser aus psychologischer aber auch biologischer Sicht verstehen kann:
Liebe Eltern,
die Pubertät ist eine Entwicklungsphase nicht nur für Ihre Kinder, sondern auch für Sie als Erziehende. Sie haben die große Disziplin der Gelassenheit und gleichzeitig der Liebe und des Respekts als oberstes Thema im Umgang mit Ihren Liebsten. Die Angewandte Hirnforschung würde Ihnen im Sinne des Jugendlichen folgenden Brief schreiben:
„Liebe Eltern, keep cool, so cool wie Ihr Jugendlicher, der übrigens manchmal nur so tut. Sie haben diese Verhaltensweisen, diese neuen und unerwarteten, nicht vererbt, also machen Sie sich bitte keine Vorwürfe. Darüber hinaus – die Jugendlichen können nichts dazu, dass sie gerade so überschüssig und so emotionalisiert reagieren. Tipp: Bitte fragen Sie einen Jugendlichen nie, warum er das gerade tut. Er weiß es zum Teil ja selbst nicht. Also üben Sie sich wirklich in dem Glauben an den jungen Menschen. Er braucht Sie nach wie vor, er braucht Ihre Nähe, weil er zu tun hat mit einer Großbaustelle in seinem Gehirn!“
So nennt die Angewandte Hirnforschung das Ganze. In dieser Großbaustelle Gehirn in der Pubertätszeit passieren viele Bauabschnitte in unterschiedlichem Tempo. Stellen Sie sich vor, das Dach wird fertig, bevor die Basis in einem Haus gebaut ist, oder die Oberfläche der Straße wird bereits geteert, wenn die Untergrundsteine noch gar nicht richtig gelegt sind.
In diesem Bild finden Sie das Verhalten der Jugendlichen wieder. Es fängt an mit der Entwicklung der Geschlechtshormone, die zwischen dem 10. und 12. Lebensjahr beginnen, ihre Arbeit zu machen. Die graue Hirnsubstanz, die sich natürlich auch von Kindheit an entwickelt, hat bereits Gewohnheiten installiert. Diese Gewohnheiten sind gute und manchmal natürlich auch welche, von denen Sie sagen, das sei nicht unbedingt sehr schön.
Zum Teil wird diese graue Substanz in der Phase der Pubertät beim Jugendlichen aufgelöst, d. h. bestimmte Gewohnheiten wie Disziplin (z. B. „Ich fange sofort mit den Hausaufgaben an!“) sind plötzlich nicht mehr da.
Die weiße Hirnsubstanz ist dafür zuständig, dass Nervenfasern ausgebaut werden. Die Geschwindigkeit der Denkprozesse wächst in dem Alter enorm, so dass man bis zu einem Tempo des Schnelldenkens der Erwachsenen gerät, allerdings mit den vielen, vielen Reaktionen, die eben extrem emotionalisiert sind. Auch das ist dann sehr anfordernd für die Eltern.
Das Limbische System inklusive des Mandelkerns ist zuständig für die Emotionen. Die Reaktionsstrukturlücken, die dann durch das Fehlen der grauen Substanz entstanden sind, werden durch Emotionen ausgefüllt. Der Jugendliche weiß manchmal selbst nicht,
warum er so extrem reagiert. Und wenn wir an das Glücksgefühl denken, das Dopamin, das ausgeschüttet wird, so ist das etwas, wo der Jugendliche auch nicht mehr nur noch Zugriff hat.
Darum besteht unter anderem eine gewisse Gefährdung auch, was das Nehmen von Drogen und das Ausprobieren solcher Dinge betrifft. Auch da bedarf es natürlich einer großen Nähe zum Jugendlichen, dass dieses Thema möglichst nicht passiert.
Na ja, und dann ist das, wovon wir eigentlich hoffen, dass es irgendwann auch einmal wieder zu einem Reifungsprozess kommt, den wir das Erwachsenwerden nennen, von Bedeutung. Und zwar ist der Präfrontalkortex die letzte Hirnregion, die im Übrigen dann wirklich reift. Die ist zuständig für die Impulskontrolle, für die Fähigkeit, längerfristig zu planen und Konsequenzen zu durchdenken .
Viel Freude mit Ihrer großen Liebe!
Ihr Klaus Rempe
Diplom-Psychologe
KLAUS REMPE
Institut für Wirtschafts-Psychologie
und Angewandte Hirn-Forschung
Coerdestraße 15, 48147 Münster
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www.klausrempe.de